Christian Ulmen ist zurück. Nicht im TV, ausschließlich im Internet. Wahrscheinlich würde sich auch kein Sender trauen, die neuen Episoden — basierend auf der alten TV-Serie „Mein neuer Freund“ auszustrahlen. Das Konzept sollte hinreichend bekannt sein: Ulmen in diversen Verkleidungen und Rollen als immer penetrante Nervensäge. Charaktere und Optik ändern sich von Rolle zu Rolle, allen gemein ist jedoch eine unglaubliche Penetranz und Dreistigkeit.
Neue Episoden mit bekannten Gesichtern: Da ist zum einen Uwe Wöllner, der dummdreiste Computerfreak, antriebslos, frech und enorm unsympathisch. Er soll unter Begleitung eines Fernsehteams zurück ins Berufsleben finden. Höchst interessant ist dabei seine Begegnung mit der Coaching-Tante, deren anfängliches übermäßiges (und unangebrachtes) Verständnis langsam in nur schwer zu tarnende Abscheu umschlägt.
Der härteste Brocken jedoch ist Alexander von Eich, für den die Bezeichnung „Nazi“ noch geschmeichelt ist. Ulmen trainiert in dieser Rolle eine sozialschwache Familie für den Aufstieg, der aus der Gosse bis an die Kasse von Lidl führt. Das ist nach von Steins Logik nämlich das Ende der Fahnenstange, bzw. der maximal erreichbare Punkt für die „Mongos“. Die Familie wird interessanterweise ebenfalls durch Schauspieler gemimt, was wohl auch besser so ist. Hätte man tatsächlich reale HartzIV-Empfänger für den Job verpflichtet, wäre es sicher stellenweise nicht so glimpflich abgegangen. Das zeigt besonders gut die Szene mit der Demonstration, bitte mal darauf achten.
Außerdem Knut Hansen, der Liedermacher von der Waterkant, der in der tiefsten bayerischen Provinz zu ebenso aufschlußreichen wie abscheulichen Einblicken gelangt. Ausschnitte davon sind in der Pressekonferenz zu sehen, der Link dazu findet sich am Ende dieses Artikels.
Insgesamt gehen beide Daumen nach oben für Herrn Ulmen und seinen Mut, auch wenn die von ihm dargestellten Charaktere teilweise wirklich schwer auszuhalten sind. Haltet große Mikrofone und Kameras ins Land und schaut dem Volk aufs Maul, was dabei herauskommt ist meist beängstigend.
Was ich mich immer wieder frage ist, warum schreitet eigentlich niemand ein? Wäre ich dieser Ausbilder an der Kletterwand, ich hätte die ganze Geschichte nach wenigen Minuten abgebrochen. Auch wenn ich Ulmen erkannt hätte.
Zur Einführung sei die 50minütige Pressekonferenz empfohlen, mit den gerade erwähnten Einsichten in die ach so beschauliche Provinz. Da möchte man nicht begraben sein.