Ganz schlimm

Manuel & Pony, Kohlrabi und Kartoffelsuppe

Wir ken­nen Deine Stimme, wir ken­nen Dein Gesicht. Aber mögen mögen wir Dich nicht!

Auf die schön­sten Synapsen-Burn­er stößt man immer ganz zufäl­lig. Wie heute, als ich auf dem Wochen­markt der guten Laune nach frisch gezupftem Kohlra­bi fragte. Eine Kohlra­bisuppe wollt‘ ich kochen, schmack- und nahrhaft, arm an Fet­ten und reich an Bal­last­stof­fen. Bal­last­stoffe kann man nie genug haben, die sind pri­ma zum abw­er­fen. Z. B. wenn man mal Heißluft­bal­lon fährt (nicht fliegt!) oder mit Stör­te­bek­ers Kogge unter­wegs ist. Hängt einem der Feind am Heck, wirft man rasch ein wenig Bal­last ab und kommt somit ger­ade nochmal mit dem Leben davon. Das Leben ist ein hohes und wertvolles Gut; man sollte es solange genießen wie irgend möglich. Diese Tat­sache sollte man sich täglich ins Bewußt­sein rufen, weil man das leicht vergißt. Denn ruck­zuck ist das Leben vor­bei und plöt­zlich ist außer Kosten und Spe­sen nix gewe­sen. Ein Haufen ver­tan­er Zeit, man ste­ht vor dem Höl­len­tor, muß Rechen­schaft able­gen und merkt: Huch, ich hab ja gar nix abzule­gen! All die Jahre ereig­nis- und emo­tion­s­los ver­gan­gen! Ger­ade mal 69 Jahre rum und schon ist alles vor­bei! Hätte ich das gewußt, hätte ich nicht mit­ge­spielt! Blöd!

Kohlra­bi jeden­falls gab es nicht, ich mußte mit Kartof­feln Vor­lieb nehmen. Wobei über­haupt nichts gegen eine gute Kartof­fel­suppe einzuwen­den ist. Die Kun­st der Kartof­fel­sup­pen­fab­rika­tion ist aber eine nicht anspruch­slose, da muß man sich schon ausken­nen. Oder z. B. eine Oma haben, die die gute alte Schule der Kartof­fel­sup­penkochkun­st noch beherrscht. Eine Old­school-Pota­toe-Soup-Grand­ma sozusagen. Aber glaubt mir Fre­unde, die sind rar, die guten Omis! Die meis­ten ster­ben lei­der viel zu früh. Und nehmen ihr Geheim­nis mit ins Grab. Selb­st wenn man vielle­icht 20 Jahre nach ihrem Tod zufäl­lig das geheime Rezept von Omas guter Kartof­fel­suppe find­et: Es schmeckt nachgekocht garantiert nicht wie das Orig­i­nal. Das liegt am Spir­it, den hat man als noch junger Men­sch ein­fach nicht. Guten Kartof­fel­sup­pe­spir­it haben nur Omas mit langer Koch- und Lebenser­fahrung. Der Spir­it ist übri­gens nicht auf die Kartof­fel­suppe beschränkt, mit Rinder­rouladen, Königs­berg­er Klopsen (Gruß nach Kalin­ingrad!) oder Hüh­n­er­suppe ver­hält es sich genauso.

Ich schäl jet­zt also Kartof­feln. Wenn die Suppe fer­tig ist, ruf ich kurz durch. Bis dahin und laßt die Synapsen schmoren!



Jupiter Jones — Urlaub in Oberursel

Neulich hat sich ein Leser bei mir beschw­ert, in der Behörde würde zuviel lobge­priesen. Man solle doch bitte mal miese Plat­ten besprechen, zumin­d­est gele­gentlich. Kein The­ma — bitteschön, alles für die Zielgruppe!

Jupiter Jones — das sind fünf Han­swürschte aus irgen­dein­er vergesse­nen Prov­inz (inter­essiert mich ger­ade nicht, wo die Her­ren herkom­men). Die Band fiel bere­its mit dem mehr als bemüht­en und jedem Textflow ins Gesicht spuck­enden Titel „Entwed­er geht diese scheußliche Tapete — oder ich“ ihres vor­let­zten Albums neg­a­tiv auf. Klar­er Fall von Wir-suchen-einen-coolen-Albumti­tel-uns-fehlt-aber-der-Geist-dazu. Das kön­nen andere besser.

Doch nun zum aktuellen Werk - „Hol­i­day in Cata­to­nia“: Da glaubt man, der Deutschrock von West­ern­hagen, Maf­fay & Co. hätte sich vol­lkom­men zu Recht in die ewigen Jagdgründe ver­ab­schiedet. Pustekuchen! Jupiter Jones schaf­fen es tat­säch­lich, den alten Zom­bie mit ihrem neuen Album zu reak­tivieren. Da ste­ht er nun, der alte Zom­bie, schlenkert mit den Armen und hat es inzwis­chen schon vom Fried­hof aus bis in die Fußgänger­zone der Innen­stadt geschafft. Mit Glitzer­tuch um den Hals, zu engen Hosen und Chucks. Da ste­ht er nun, im Kreise sein­er Ver­wandten: Den kün­fti­gen Sozialamts-Sach­bear­bei­t­erin­nen und Ver­wal­tungs­fachangestell­ten. Alle anders, alle gle­ich. Er fiedelt und gniedelt ein paar Soli auf sein­er Lead­g­i­tarre und knödelt dazu wie Wolf Maahn in seinen besten Zeit­en: schön­klin­gende Texte, deren Inhaltswert bei ziem­lich genau NULL liegt. Ein Trauer­spiel son­der­gle­ichen, das mich merk­würdi­ger­weise aggres­siv macht. Wir sehen uns in irgen­dein­er Are­na vor 50.000 Gold­kehlchen zum Hart­mut Engler-Gedächt­nis­abend. Bis dahin!

Kleine Kost­probe nach­fol­gend. Wem das noch nicht gruselig genug ist, der sollte sich das neue Unplugged-Album der Sport­fre­unde Stiller reinziehen. Das ist min­destens genau­so übel.



Ich wünschte, ich hätte mehr als 28 Sekunden

Mein Faible für Trashvideos und ‑Musik sollte inzwis­chen hin­re­ichend bekan­nt sein. Hier eine weit­ere Per­le aus der Abteilung für durchgeschmorte Synapsen. Die Behörde hat den Orig­i­nal-Poster des Youtube-Videos schon kon­tak­tiert, er weiß lei­der nicht, wie die bei­den gedopten Tanzbären heißen und hat auch keine voll­ständi­ge Ver­sion des Videos. Den­noch ist dieser kurze Auss­chnitt in sein­er unfaßbaren Fröh­lichkeit so herz­er­frischend lustig, daß ich ihn hier unbe­d­ingt gezeigt haben möchte. Groooooooßar­tig! :mrgreen: Der rechte Typ sieht übri­gens aus wie ein junger Edward Nor­ton. Ich wün­schte, ich hätte mehr als diese 28 Sekunden.



Michael Jackson ist gestört.

© Foto Paul Scheer



Wenn es für obige Aus­sage noch eines Beweis­es bedarf, schaue sich der inter­essierte Leser bitte den Flickr-Foto­stream von Paul Scheer an. Herr Scheer hat die kür­zlich aus­gestell­ten Auk­tion­sex­ponate von Michael Jack­sons Nev­er­land-Ranch fotografiert. Von pom­pösen Herr-Jack­son-als-Erlös­er-Gemälden, merk­würdi­gen Pup­pen bis hin zum Orig­i­nal-Tor der Nev­er­land-Ranch ist reich­lich Obskures vertreten.

Die Exponate erlauben einen höchst ver­stören­den Ein­blick in das Innen­leben des King Of Pop. Beson­ders abar­tig ist das Gemälde, auf dem ihm eine Horde Kinder über eine Wiese fol­gt. Guckt man sich die Details an, fragt man sich, ob Herr Jack­son nicht bess­er in Ther­a­pie gehört…
(via Nerd­core, dort gibt’s auch noch ein Video zum Thema)

Zum Flickr-Foto­stream

Zwei Loblieder auf die deutsche Eiche

Auf der Home­page des Magde­burg­er Boxstalls SES kann der inter­essierte Leser abstim­men, welch­er Song unsere „Deutsche Eiche“ Timo Hoff­mann beim Ein­marsch in die Prügel­halle begleit­en soll. Den Song gibt es in zwei Ver­sio­nen, die Musik stammt von ein­er enorm erfol­gre­ichen, aber lei­der total unbekan­nten lokalen Rock­größe namens Cross­fire. Als Gast-Vokalis­ten hat man zum einen die welt­bekan­nte Rock­röhre Big­gi Mid­delkoop engagiert, zum anderen ste­ht mit Hannes Andratschke wohl ein­er der größten noch leben­den Speisekam­mer-Tenöre am Mikro­fon. Falls jemand Schwierigkeit­en hat, die Namen der bei­den zu lesen ohne sich die Zunge zu ver­knoten: Das ging mir ganz genau­so. Sie soll­ten heirat­en und den Dop­pel­na­men Mid­delkoop-Andratschke tra­gen… das macht die Sache nochmals deut­lich lustiger. Doch zurück zum Song:

Neben dem großar­ti­gen, lyrisch wertvollen und min­destens Pulitzer-Preis verdächti­gen Text

DEUTSCHE EICHE / DEUTSCHER BAUM /
SCHLAG AUF SCHLAG / EIN ECHTER TRAUM /
ES TAUMELT DER SCHWACHE / ES FÄLLT DER WEICHE /
NUR FEST IM RING STEHT / UNSERE EICHE /

überzeugt mich der Track auch musikalisch auf ganz­er Lin­ie. Her­rlich bratzige Brat­gi­tar­ren, ordentlich Pathos anbei, ver­bun­den mit der wun­der­baren Helft-mir!-ich-habe-künstliche-Hüftgelenke-Performance von Big­gi Mit­telkopf und dem scham­losen Rumge­pose von uns Klop­per­jung Timo. Toll, toll, toll und wieder ein absoluter Synapsen-Burn­er (Hal­lo Jens H., leben Sie noch?), bei dem man vor Schreck gar nicht weiß, ob man lachen oder lieber doch wieder kotzen soll. Hier für die ganz Harten bei­de Videos im Director’s Cut und in voller Pracht, Länge und natür­lich Schönheit:

Big­gi Mid­del­topf & Cross­fire — Deutsche Eiche

Hannes Din­gerich & Cross­fire — Deutsche Eiche

Wer voten will, soll nun voten gehen. Ich für meinen Teil schäme mich eine Runde fremd.

Sind wir nicht alle ein bißchen Lippi?

Erneut ein Video aus unser­er Fort­set­zungserie „Schön­er die Synapsen nie bren­nen“: Schlager­punk aus der DDR, Wolf­gang Lip­pert — auch bekan­nt als Lip­pi — hier in Per­son­alu­nion als ewig suchen­der Such­er, man­tel­tra­gen­der Bier­trinker, Jog­gin­ganzug­bek­lei­dete Schaufen­ster­puppe und mit 30-Mark-in-der-Tasche-Dis­co-Aufreißer. Damals, 1985, als Frisuren noch Frisuren waren und keine modis­chen Kurzhaarschnitte! Hölle, ja!



Hamburg vs. Zerbst oder „Wer sich ins Privatfernsehen begibt, kommt darin um.“

Die Magde­burg­er Volksstimme macht heute mit der schö­nen Schlagzeile

Sachbeschädi­gun­gen am Haus und Belei­di­gun­gen gegen Familie,
die im RTL-II- “ Frauen­tausch “ auftrat

„Land-Ei“ trifft „Stadt-Tus­si“: Zerb­ster demon­stri­eren nach TV-Sendung

auf.

Es geht darum, daß die Stadt Zerb­st im Rah­men der Sendung in einem schlecht­en Licht dargestellt wird. Während man von der Zerb­ster Fam­i­lie und ihrer Stadt nur die dun­klen, ungepflegten und gruseli­gen Eck­en zeigt, son­nt man sich in Ham­burg an der Auße­nal­ster und genießt den nord­west­deutschen Luxus.

Daraufhin haben sich 50 Zerb­ster zur Spon­tan-Demo vor dem Haus der Fam­i­lie entschlossen und sind inzwis­chen dazu überge­gan­gen, das Haus mit Eiern zu bew­er­fen und Farbe zu besprühen. Es kann also bis zu den ersten Mah­nwachen und Fack­elumzü­gen nicht mehr lange dauern. Gruselig.

Nach Ansicht der zuge­höri­gen Youtube-Schnipsel der Sendung scheint mir das Prob­lem eher ein anderes zu sein: Statt „Ost gegen West“ oder „arm gegen reich“ geht es wohl eher um „dumm gegen gebildet“. Wenn man sich die Zerb­ster Fam­i­lie so anschaut, wird einem Angst und Bange. Man­gel­nde Bil­dung, man­gel­ndes Inter­esse am eige­nen Kind, Kon­flik­tun­fähigkeit und die nicht vorhan­dene Fähigkeit, das eigene Leben einiger­maßen ehren­haft zu meis­tern, lassen sich eben nicht an Iden­tität, Herkun­ft oder Wohn­sitz festmachen.

Darüber­hin­aus scheint nie­man­dem aufge­fall­en zu sein, daß die „west­deutsche“ Fam­i­lie eigentlich eine Mini-EU-Fam­i­lie aus ein­er gebür­ti­gen Polin und einem gebür­tigem Fran­zosen ist. Egal, das kann man im Eifer des her­beige­sehn­ten Ost-gegen-West-Krieges natür­lich get­rost unter den Tisch fall­en lassen.

Bin ges­pan­nt, wie sich die Geschichte entwickelt.

Vorstel­lung der Zerb­ster Fam­i­lie auf Youtube:

Mehr Youtube-Auss­chnitte aus der Sendung gibt es hier.

Ich bin ein Ex-DDR-Schlagersänger

Oh Mann. Da fragt man sich desöfteren, warum wir ost­zonalen Mit­bürg­er im Rest des Lan­des für bek­loppt gehal­ten wer­den. Bis dann wieder ein­er den Beweis antritt, daß wir es tat­säch­lich sind. Also natür­lich nicht alle, aber doch ein Großteil. Offen­sichtlich vor allem ein Großteil der­er, die von Beruf­swe­gen dem Schlager oder der Volksmusik zuge­tan sind. Okay, die gibt’s im West­en auch, und deren Texte sind genau­so bek­loppt. Nur weniger ein­sichtig; wer kann das eigene Ver­sagen und die Ent­täuschung so schön in Reime gießen wie Jörg Hin­demith das hier tut?

Ein­sicht ist der erste Weg zur Besserung. Reeller kann Real­satire doch gar nicht sein, oder?! Ganz großes Kino, so dicht neben ALDI. Aua aua aua, mir tut alles weh.

*Dank an Jule für den fre­undlichen Hin­weis. Ex-DDR-Schlager­sänger Jörg Hin­demith lebt in einem Nach­bar­dorf ihrer Eltern im Thüringer Wald.

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