Als ich dieser grauen und boshaften Tage, gewandet in meinen Morgenmantel aus reinster Schurwolle nepalesischer Hochlandwölfe, meine CD-Sammlung abschritt, ergriff ein Gewissen schlechten Ursprungs Besitz von mir. Imaginäre Blitze umzuckten mein ergrautes Haupt, ich dachte kurz über die Formulierung weiterer, schwer verständlicher Schachtelsätze nach, als eine tiefe dunkle Stimme aus dem Off im Kommandoton fragte:
Die 8‑köpfige (und 16-händige) Band aus Indianapolis in Indiana hat sich laut Bandleader Richard Edwards nach seiner Tochter Margot (er hat keine Tochter!) und seiner Begeisterung für US-Präsident Bush und dessen Aussprache des Wortes „nuclear“ benannt. In Wirklichkeit aber stammt der Bandname aus dem Film The Royal Tenenbaums, genauer nach dem Charakter „Margot“, dargestellt von Gwyneth Paltrow.
Nein, heute geht es nicht um den „Deli“ und den „Ex“, die beiden Nobelladenketten der vollkommen zu Recht untergegangenen DDR, heute geht es mal wieder um Musik.
Bis vor ein paar Tagen dachte ich, das englische „indelicate“ stünde für „ungenießbar“, „nicht schmackhaft“ oder irgendetwas in diese Richtung. Mein Wörterbuch hat mich eines besseren belehrt: „indelicate“ bedeutet so in etwa „ohne Feingefühl“ oder auch „schroff“.
Ja, ich gebe zu, ich bin befangen. Wer so — beinahe überirdisch — hübsch aussieht, wie Gemma Hayes das tut, hat es wahrscheinlich deutlich leichter, mit seinem (bzw. ihrem) musikalischen Können bei mir zu punkten. ‚Ne hübsche Frau und ’ne Gitarre, und ich bin hin und wech, dann wieder wech und wieder hin. Könnte eventuell daran liegen, daß ich ein Mann bin. Schrecklich. Schließt mich also vollkommen zu Recht in eure anti-chauvinistischen Bannflüche ein, aber bitte lauschet und frohlocket, Frau Hayes kann tatsächlich singen — und wie sie das kann!
Sometimes a melody and a chord change just break your heart and there’s no words to describe that. And when you do use words it seems to make it into a square box again.
Im August 1977 das Licht der Welt erblickend, wuchs Gemma Hays im vermutlich schönen Örtchen Ballyporeen in Irland auf. Schon in ihrer frühesten Kindheit war sie stets und ständig von Musik umgeben; ihr Vater war Keyboarder in einer lokalen Band, ihre Geschwister begeisterten sich ebenso früh für Musik. Acht Kinder hat die Familie Hayes insgesamt, alle mit unterschiedlichem Musikgeschmack, die Gründung einer Big Band oder eines Kinderchores kam also nicht in Frage.
You’d have Davey Spillaine coming from one room, Fleetwood Mac from another and AC/DC from another, and it would all just meet as a huge mush. And I would hear melodies that I liked all of the time, without really knowing who it was, or what kind of music it was.
Ballyporeen ist ein kleines Kaff mit 500 Einwohner, einer Straße, ein paar Häusern und einem Tante Emma-Laden. Nichts, woran man sich festhalten könnte. „Es gibt ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, in dem dein Vater die ganze Zeit sitzt und raucht. Die Küche, in der sich deine Mutter den ganzen Tag aufhält und einen Raum mit einem Piano. So endete ich sitzend am Piano und versuchte der Einsamkeit zu entfliehen.“
An der Universität in Dublin fand sie eine Freundin die ihre Besessenheit für Musik teilte. Und die Gitarre spielte. Infiziert vom Gitarren-Virus geriet das Studium ins Hintertreffen, am Ende gab es nur einen Gewinner: Die Gitarre. Gemma verließ die Universität.
The only thing I loved in life was music and I realised I had to make a choice to go with it.
In den nächsten Jahren hielt sie sich tagsüber mit einem Job in einer Wäscherei über Wasser, um nachts die Clubs in Dublin mit ihrer Gitarre zu beackern. Nach ersten wohlwollenden Kritiken durch Fans und Fachpresse wurde sie zunehmend der Akustikgitarre überdrüssig und gründete ihre erste eigene Band. Ihre erklärte Vision: die Singer-/Songwriter-Traditionen ihrer akustischen Songs mit den harmonischen Mißklängen ihrer erklärten Vorbilder My Bloody Valentine zu verbinden.
2001 erschien ihre Debüt-EP 4:35am, ein entspanntes komplett akustisches Werk in der Tradition einer Joni Mitchell oder Joan Baez. Die zweite EP Work to a Calm hingegen, zeigte eher die dunkle, disharmonische und elektrische Seite ihres Werkes.
Nach ausgedehnten Touren durch Irland, unter anderem zusammen mit Beth Orton, Rufus Wainwright und David Gray, gewann die Band zunehmend die Herzen der Fans und Kritiker. Nächster Höhepunkt war die Veröffentlichung des Debütalbums Night on my Side, einer „musikalischen Reise ins Ich“, im Jahre 2002.
Bis heute sind insgesamt drei Alben erschienen, die ich hier wie immer allerwärmstens und guten Gewissens empfehlen kann. Gute Unterhaltung!
[unter Verwendung dieser Quelle]
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